Einen kurzen Überblick zur Thematik "Depression" bietet Eine umfassende Erklärung depressiver Erkrankungen Nachfolgend eine ausführliche Darstellung Depressive Gesundheitsstörungen:Der Unterschied zur Trauer: Verlust des Selbstwertgefühls. Was unterscheidet die Trauer, also eine "normale", nicht-krankhafte Erlebnisreaktion, von einer depressiven Störung? Es ist der Verlust der Selbstwertgefühls . Die Störung der Selbstwertregulation ist der Kern der depressiven Erkrankung. Dies gilt für alle Formen depressiven Krankseins. Die menschliche Selbstwert-Regulation (Fachausdruck: "Narzisstische Homöostase") hat zwei Quellen:
Zuviel Leistung, zu wenig Wertschätzung als Depressions-Risiko. Bei Personen, die ein erhöhtes Risiko für depressive Erkrankungen haben, beruht die Selbstwertregulation in zu einseitiger Weise auf der Anerkennung von Leistungen. Besonders verwundbar ("vulnerabel") für eine Depression sind besonders pflichtbewusste, aufopferungsvolle Menschen, die viel für Andere tun und in besonderer Weise für Andere sorgen. Übersteigt der Leistungsdruck das Leistungsvernögen oder fällt die Anerkennung und Liebe, die für erbrachte Leistungen erhalten wird, plötzlich weg (z. B. durch Verlust oder emotionale Abwendung eines bedeutsamen anderen Menschen), dann kann es zum Einbruch der Selbstwertregulation und zum Ausbruch einer depressiven Erkrankung kommen. Verluste und Trennungen als Depressionsauslöser. Verlust, Trennung oder Konflikte sind, wie Studien bewiesen haben, die erstrangigen Auslöser einer Depression (Beachte: Paradoxer Weise kann auch ein vordergründig "erfreuliches" Ereignis, z. B. die berufliche Beförderung ein Depressions-Auslöser sein, z. B. weil die bisherige kollegiale Unterstützung wegfällt und man in die "ungeliebte" Vorgesetzten-Position kommt, in der man sich durch Entscheidungen bei Anderen unbeliebt machen muss). Seelische und körperliche Symptome. Der am Beginn der Depression stehende Verlust des Selbstwertgefühls ist ein psycho-biologisches Ereignis. Es kommt zu einer schweren und anhaltenden innere Unruhe. Auf der Ebene des äußeren Verhaltens kommt es zu einer psychomotorischen Hemmung bis hin zur Starre. Im Fühlen und Denken kommt es zu Selbstvorwürfen, Schuldgefühlen (einschließlich des Gefühls, selbst Schuld an der Depression zu sein) bis hin zum Gefühl, nicht mehr lebenswert zu sein (Suizidgedanken und Suizidhandlungen). Wenn ein Patient sich mit Gedanken an Suizid beschäftigt, ist dies immer ein ernst zu nehmendes Warnzeichen. Depressionstypisch sind auch schwere Konzentrationsstörungen (man weiß z. B. nicht mehr was man gerade gelesen hat; viele depressive Patienten fürchten, eine Demenz zu haben). Die höchste Suizidgefahr bei Depression besteht nach Studienlage bei älteren Männern. Körperliche Veränderungen als Folge der Depression. Die aus der zwischen-menschlichen Sphäre kommenden Auslöser der Depression führen zur Aktivierung von zwei wichtigen biologischen Stress-Systemen : 1. wird das Cortisol-System überaktiviert ("Hypothalamisch-hypophysär-adrenales Hormonsystem, die sog. "HPA-Achse"); 2. kommt es im Gehirn (im Hirnstamm) zur Überaktivierung des Nervenüberträgerstoffes (Neurotransmitters) Acetylcholin. Die Aktivierung dieser beiden Stress-Systeme ist die Ursache 1. für die o. g. innere Unruhe, 2. für die depressionstypische Schlafstörung, meist mit morgendlichem Früherwachen mit grübelnden Wachliegen und 3. für den Appetitverlust sowie den Verlust des sexuellen Verlangens und der Lebensfreude (sog. " Anhedonie "). Häufigkeit der Depression. Punkt-Prävalenz : Zu jedem beliebigen Zeitpunkt leiden 5 % unserer Bevölkerung an einer schwer ausgeprägten Depression. 10-12% sind betroffen, wenn man mittelgradig ausgeprägte depressive Störungen hinzunimmt. Lebenszeit-Prävalenz: 15 % der Bevölkerung erleiden mindestens einmal in ihrem Leben eine schwere, behandlungsbedürftige Depression. Die Depression ist eine der häufigsten und wichtigsten Erkrankungen unserer Zeit (zum Vergleich: die Prävalenz des Diabetes mellitus beträgt ca. 2 %) Formen und Verlaufsformen der Depression. Viele Depression entwickeln sich als "Phasen" (die kommen und nach unterschiedlicher Zeit wieder gehen). Eine depressive Phase (englisch: "Episode") entwickelt sich meist innerhalb einiger Tage bis Wochen. Unbehandelt kann sie Monate, manchmal Jahre anhalten, oder im Suizid enden. Bei einem Teil der Depressiven tritt nach einer ersten depressiven Phase keine weitere Depression auf. Ein Teil der Patienten entwickelt jedoch eine sog . "Rezidivierende depressive Störung" ("Recurrent Depression"). Was heißt "endogen" und "reaktiv"? Bei einer Veranlagung zur rezidivierenden Form der Depression können im Krankheits-Verlauf die äußeren Auslöser bei späteren Depressions- Phasen immer geringer werden. D. h., der Depression gehen am Anfang (vor der ersten und zweiten Phase) fast immer schwere äußere Belastungsfaktoren voraus (früher wurde dies als "reaktive Depression" bezeichnet), spätere Phasen brauchen nur noch minimale, schließlich keine Auslöser mehr (was früher als "endogene Depression" bezeichnet wurde). Die Unterscheidung "reaktive" und "endogene" Depression wurde aufgegeben, weil es sich nicht um verschiedene Krankheiten, sondern nur um verschiedene Formen innerhalb des Krankheitsverlaufs handelt. Jahreszeit- abhängige Depressionsformen. Eine Untergruppe depressiver Patienten entwickelt eine Depression vorzugsweise im Herbst und/ oder im Frühjahr (sogenannte " Seasonal Affective Disorder"/ SAD ). Die Vermutung ist, dass hier die Veränderungen des Tageslichts einen Einfluss ausüben (über den Lichtbotenstoff Melatonin). Diese Patienten sprechen manchmal (nicht immer!) gut auf Lichttherapie an (Ergänzende Behandlungsmöglichkeit hier: Tägliche Exposition vor einem therapeutischen elektrischen Lichtschirm). Weitere Depressionsformen. Viele Patienten erleidet keine phasenartig auftretenden depressiven Schübe, sondern befinden sich in einem dauerhaft depressiven Lebensgefühl. In diesem Fall spricht man von einer "dysthymen Depression", von einer "Dysthymie" oder von einer "depressiven Neurose". Eine weitere, seltenere aber wichtige Unterform der Depression sind blitzartig (innerhalb von wenigen Stunden) einsetzende depressive Einbrüche, die nur 1-3 Tage anhalten, wegen ihrer hohen Suizidgefahr aber sehr ernstgenommen werden müssen. Hier handelt es sich um die gefährliche "brief recurrent depression". Depressions-Symptome bei anderen Erkrankungen (Persönlichkeitsstörungen, Schizophrenie). Depressive Krisen können auch bei anderen seelischen Gesundheitsstörungen vorkommen, die nicht primär zur Depression gehören: z. B. bei der sogenannten "narzisstischen Persönlichkeitsstörung" (Personen die immer eine besondere Rolle spielen müssen und in hohem Maße von der Bewunderung anderer abhängig sind), bei Borderline-Persönlichkeitsstörungen (Personen mit raschem Wechsel zwischen zwischenmenschlicher Anziehung und Abneigung, nicht aushaltbare innere Spannungszustände, Impulsdurchbrüche, Selbstverletzungstendenzen) sowie bei Patienten mit schizophrenen Störungen. Depressionssymptome bei körperlichen Krankheiten. Manche depressiven Zustände können durch körperliche Erkrankungen bedingt sein: Hormonelle Störungen (z. B. Unterfunktion der Schilddrüse), innere Erkrankungen oder ein abgelaufener Schlaganfall sind häufige Ursachen einer sogenannten "organischen Depression". Auch langfristiger Drogenkonsum (auch der Konsum von Haschisch/Cannabis!) kann zu einer "organischen Depression" führen. Folgen der Depression für die körperliche Gesundheit. Depressive Erkrankungen beeinflussen der Verlauf körperlicher Erkrankungen: Langzeitstudien zeigen: 1. Das Risiko für das Auftreten einer späteren Koronaren Herzkrankheit ist bei Menschen mit unbehandelter Depression mehr als zweifach erhöht. 2. Personen, die zum Zeitpunkt eines Herzinfarktes zusätzlich auch an einer unbehandelten Depression leiden, haben innerhalb eines 12- Monatszeitraumes eine etwa 3-fach erhöhte Sterblichkeitsrate. 3. Personen mit Krebserkrankungen , die zusätzlich an einer unbehandelten Depression leiden, haben innerhalb eines 5-Jahreszeitraumes eine mehr als zweifach erhöhte Mortalitätsrate (bei Brustkrebspatientinnen zeigten Studien: Psychotherapie verlängert die Überlebenszeiten). Depression und Immunsystem. Depressive Erkrankungen hemmen das körpereigene Immunsystem , weil das in der Depression erhöhte Stresshormon Cortisol die Aktivität des Immunsystems unterdrücken kann (Cortisol hemmt die Bildung von Immunbotenstoffen, z. B. von sog. "Zytokinen"). Von Prof. Bauer in Freiburg durchgeführte Studien zeigten: 1. Patienten mit Depression bekommen seltener Fieber, sind aber insgesamt häufiger krank. 2. Eine kurzfristige therapeutische Aktivierung des Immunsystems führt zu einer kurzfristigen Besserung der Depression (vor Einführung der Antidepressiva-Medikamente in den 60er Jahren wurde die Depression mit Immunstimulierung, mit der sog. "Fiebertherapie" behandelt). Behandlung der Depression: Psychotherapie, eventuell zusätzlich Medikamente. Auslöser bei depressiven Erkrankungen sind fast immer belastende Veränderungen zwischenmenschlicher Beziehungen. Das Mittel erster Wahl bei der Depression ist daher die bei einem/ einer ausgebildeten, erfahrenen Psychotherapeuten/in durchgeführte Psychotherapie. Studien zeigen, für Psychotherapie bei Depression gleich gute Erfolgsraten wie Pharmakotherapie, aber: Nur Psychotherapie, nicht aber Pharmakotherapie (!) senkt das Risiko künftiger Wiederholungsdepressionen (sog. Rezidive). Nur bei besonderer Schwere der Erkrankung sollte zur Psychotherapie eine ergänzende medikamentöse Behandlung hinzukommen, die unter ärztlicher Überwachung erfolgen muss. Antidepressive Medikamente müssen wegen ihrer Nebenwirkungen und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten sorgfältig ausgewählt sein. Zwischen 10% und 30% der Patienten (sog. "Poor Metabolizer") können aufgrund einer genetisch bedingten verminderten Entgiftungsfähigkeit der Leber Psychopharmaka nur in erniedrigten Dosierungen vertragen (siehe dazu unten). Verschiedene Formen von Psychotherapie. Psychotherapie kann in Form einer "psychodynamischen oder tiefenpsychologisch orientierten Psychotherapie " erfolgen, z. B. mit der "Interpersonellen Psychotherapie", welche eine Sonderform der psychodynamischen/ tiefenpsychologisch orientierten Psychotherapie ist (hier liegen die besten Studienergebnisse vor). Alternativ kann auch "Verhaltenstherapie" eingesetzt werden. Wichtig ist, dass Psychotherapie nur von ausgebildeten, anerkannten Psychotherapeuten ausgeübt wird (dies gilt für niedergelassene "Therapeuten" genauso wie für "Therapeuten" in der Klinik; fragen Sie nach der Ausbildung des behandelnden Therapeuten!). Bei jüngeren Patienten sowie bei Patienten mit erstmaliger Depression sind psychodynamische/ tiefenpsychologische Therapieverfahren vorzuziehen. Bei älteren Patienten sowie bei häufigen Depressionsphasen in der Vorgeschichte ist die Verhaltenstherapie besser geeignet. Psychotherapie ohne und mit Medikamenten. Bei leichten und mittelgradig ausgeprägten Depressionen ohne akute Suizidalität sollte die Behandlung nur in einer Psychotherapie bestehen. Studien zeigen: Bei leichten Depressionen bringen antidepressive Medikamente gegenüber Placebo (Scheinmedikamenten) keinen Vorteil. Wenn Schlafstörungen (morgendliches Früherwachen mit Wachliegen) bestehen, kann bei leichten und mittelgradigen Depressionen die Psychotherapie mit einer niederen Dosis eines abendlichen schlafanstoßenden Antidepressivums ergänzt werden). Schwere Depressionen werden sowohl von Ärzten als auch von Laien (einschließlich nahestehenden Angehörigen) meistens unterschätzt. Viele Patienten sterben im Suizid, weil der Ernst der Lage vorher nicht erkannt wurde. Die schwere Depression wird optimaler Weise in einer Klinik behandelt, wobei die Therapie in einer Kombination von Psychotherapie und medikamentöser Therapie bestehen sollte. Gefahren der Medikamentengabe. Vorsicht bei der Medikamentengabe: Mehr als 10% der Bevölkerung haben eine veranlagungsbedingte verminderte Entgiftungsfunktion von Medikamenten (diese Menschen sind sog. "Poor Metabolizer"). Diese Personen vertragen "normale" Dosierungen von Medikamenten nicht. Die medikamentöse Behandlung erfordert daher sehr gut ausgebildete Fachärzte. Die unkritische Verordnung von Psychopharmaka durch den Hausarzt ist abzulehnen. Hier wird sehr viel Schaden angerichtet. © Joachim Bauer |
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